Analyse „Referendumsbogen“ – Argumentation „IG pro Mittelschule Möhlin“

Die von der IG pro Mittelschule Möhlin aufgeführten Argumente (S.2 Referendumsbogen) werfen diverse Fragen auf und müssen einem Fakten-Check unterzogen werden.


In der Bevölkerungsumfrage 2019 haben sich 70 % der Befragten für einen Mittelschulstandort Rheinfelden/Möhlin ausgesprochen.»

(Quelle: Referendumsbogen, S. 2, 2020, Argument IG pro Mittelschule Möhlin)

Im Auftrag der Gemeinde Möhlin führte das LINK Institut von Anfang Januar bis Anfang März 2019 zum ersten Mal eine Bevölkerungsbefragung durch. Die Ergebnisse der Befragung unterstehen dem Öffentlichkeitsprinzip. Ein Management Summary der Befragung ist abrufbar. Rund 1’000 Personen wurde der Fragebogen zugestellt, mit einer repräsentativen Schichtung nach Alter, Geschlecht, Nationalität und Wohnquartier. Es wurden 585 Rücksendungen ausgewertet.

Das LINK Institut hält in ihrem Fazit (Seite 24) fest: 

«Die befragten Einwohner von Möhlin zeigen wenig Interesse an neu entstehenden Wohnungen und einem neuen Standort für ein Gymnasium. Letzterer erhält jedoch vor allem bei Haushalten mit Kindern vergleichsweise grosse Zustimmung». 

Zitat Management Summary, Bevölkerungsbefragung 2019, Link Institut

Auf Basis der Bevölkerungsumfrage auf eine generelle Zustimmung für einen Mittelschulstandort zu schliessen, wie dies sowohl das Referendumskomitee als auch die Grossrätin Stutz (SVP) und Grossrat Scholl (FDP) im offenen Brief an den Bildungsdirektor Alex Hürzeler bemühen, greift also zu kurz.

Vielmehr passt das oben zitierte Fazit in den Gesamtkontext der Bevölkerungsumfrage. Die bisherige Entwicklung der Gemeinde wird von den Befragten eher kritisch gesehen. 62% der Befragten sind der Meinung, dass kein weiteres Bauland mehr freigegeben werden darf. 46% sind der Ansicht, dass Möhlin bereits viel zu gross geworden ist. Es soll in die Höhe gebaut werden, um grünen Freiraum zu erhalten. – Die Testplanung umfasst die Überbauung von mindestens 12.5 Hektaren Kulturland, entsprechend muss zusätzliches Bauland geschaffen werden.

Weiter zeigt die Bevölkerungsbefragung eindeutig, dass die negativen Auswirkungen des Verkehrs eines der grössten Probleme der Gemeinde darstellt (43% der Befragten). Insbesondere stören sich die Bewohner am hohen Verkehrsaufkommen. Eine komplette Überbauung des Testplanungsperimeters mit weiterem Wachstumspotential von mindestens 3’000 Einwohnern wird die angespannte Verkehrssituation nochmals signifikant verschärfen.

Die Auswertung von Zufriedenheit und Wichtigkeit in Bezug auf Wohnorteigenschaften zeigt, dass die Bevölkerung grossen Handlungsbedarf sieht beim Steuerfuss und der Finanzlage der Gemeinde. Da die Gemeinde Möhlin nicht zu den Landbesitzern im Testplanungsperimeter gehört, bleiben enorme Folgeinvestitionen an Infrastruktur (bspw. Schulen, Kindergärten, Sportanlagen etc.), welche Grossüberbauungen mit sich bringen. Die Corona Pandemie wird die finanzielle Lage der Gemeinde weiter verschärfen. Der Gemeinderat hat anlässlich der Einwohnergemeindeversammlung vom 3. September 2020 bereits einen negativen Ausblick hinsichtlich der Finanzen abgeben müssen.

Eine Überbauung des Testplanungsperimeters von mindestens 12.5 Hektaren Kulturland im Gebiet nördlich vom Bahnhof Möhlin widerspricht somit der Bevölkerungsumfrage in zentralen Punkten.
Zusammenfassende Stellungnahme ProKulturland


«Mit der Testplanung wird kein Land eingezont. Es geht kein Kulturland verloren. Es wird geprüft, was sich auf dem Areal realisieren lässt – zum Beispiel die Mittelschule.» 

(Quelle: Referendumsbogen, S. 2, 2020, Argument IG pro Mittelschule Möhlin)

Eine Testplanung wird als gemeinsamer Lernprozess mit offenem Ausgang charakterisiert. Der Medienkonferenz vom 17. August 2020 ist jedoch klar zu entnehmen, dass nicht die Frage geklärt wird ob, sondern wie gebaut werden soll.

Das Referendumskomitee und die klar kommunizierten Absichten des Gemeinderats widersprechen sich deutlich. Während die Referendumsführer die nötigen Einzonungen von Kulturland in Bauland rhetorisch aufschieben, machen die Behörden in der Medienkonferenz vom 17. August 2020 folgendes klar: 

«Die Gemeinden werden die Planung nicht stoppen, aber mit der Etappierung dazu beitragen, dass nicht frühzeitig Kulturland verbaut wird.»

(vgl. Präsentation Medientmitteilung, Gemeinde Möhlin, 17.08.2020, Seite 15)

Weiter kann den Unterlagen der Medienkonferenz ein konkreter langfristiger Zeitplan entnommen werden (siehe Abb. 7). Nutzungsplanung und Teilrevisionen stehen in den Jahren 2021 und 2022 an, 2023 bis 2024 wird an der Infrastruktur gearbeitet und im Zeitraum 2025 bis 2029 wird die Planung der ersten Wohnetappe gestartet. Im selben Zeitraum würde die Mittelschule realisiert werden, sofern der Standort den Zuschlag erhält und die nötigen Einzonungen von der Stimmbevölkerung gutgeheissen wurden. 

Präsentation zur Medienkonferenz vom 17. August 2020, Seite 30, Quelle Gemeinde Möhlin und Stadt Rheinfelden

Folglich wird die komplette Überbauung des Perimeters geplant, unabhängig vom Standortentscheid der Mittelschule. Der Zeitplan dafür steht bereits (siehe oben stehende Abbildung). 

Ein «Nein» zur Testplanung verhindert folglich im Anschluss daran einen Sachzwang zur Einzonung. 
Zusammenfassende Stellungnahme ProKulturland

« Dies ist im Interesse von Möhlin, denn: Rheinfelder Land, das an Möhlin grenzt, ist bereits eingezont – und zwar als Industrieland.»

(Quelle: Referendumsbogen, S. 2, 2020, Argument IG pro Mittelschule Möhlin)

Das Referendumskomitee will der Möhliner Bevölkerung weismachen, dass eine Testplanung im Eigeninteresse von Möhlin sei, da Rheinfelder Industrieland an Möhlin grenzt. Die im Kapitel 4 erwähnten Fakten zeigen aber klar, dass Möhlin einer Überbauung auf dem Areal der heutigen Kiesgrube gelassen entgegensehen kann. Südlich durch den Bahndamm und östlich durch 400m Kulturland geschützt, sind die Möhliner Wohnquartiere kaum betroffen. Selbst eine Wohnüberbauung auf Rheinfelder Kulturland bliebe auf rund 220m Distanz zu den bestehenden Wohnquartieren. Dafür muss kein wertvolles Kulturland geopfert werden. 

ESP/WSP Rheinfelden-Ost / Möhlin Quelle: AGIS
Fazit: Es grenzt hauptsächlich wertvolles Rheinfelder Kulturland an Möhlin und nicht das Industrieland.
Zusammenfassende Stellungnahme ProKulturland